Trends, UX Design

UX in Online-Parfümerien: Von der Service-Wüste zum Erlebnis

Mehr Inspiration, mehr Personalisierung, mehr Beratung – in Online-Parfümerien gibt es noch viel Optimierungspotential für die User Experience.

Ein Besuch in der Parfümerie um die Ecke ist ein Erlebnis: Man betritt eine duftende Welt voller gut gestylter und freundlicher Verkäufer. Überall können Parfüms und Make-up ausprobiert werden. Die Lieblingsverkäuferin begrüßt einen mit Namen und weiß genau, was einem fehlt. Auch wenn man es selbst noch gar nicht weiß. Ein teures Schlaraffenland für Beauty-Fans.

Aber im Internet schlummert ernstzunehmende Konkurrenz für die lokalen Beauty-Stores: Online-Parfümerien wie Flaconi und der Online-Shop von Douglas locken mit großen Rabatt-Aktionen und einem gemütlichen Shopping-Trip vom Sofa aus. Doch das Shopping-Erlebnis bleibt hier bislang weit hinter dem gewohnten Parfümerie-Erlebnis zurück. Die Konsequenz: Eine preiswerte Service-Wüste.

Ist es nicht möglich, diese beiden Welten besser miteinander zu vereinen? Und wie können insbesondere die Online-Parfümerien ihre Kundenbindung erhöhen und ihr Einkaufserlebnis verbessern? Hier kommen acht Chancen für Online-Parfümerien aus UX-Sicht.

1. Personalisierung & Inspiration

Es gibt zahlreiche Kosmetik-Produkte. Die Kunst ist es, gezielt die richtigen Produkte auszuwählen, die zu Hauttyp, Hautton, Haarfarbe und Geschmack passen. Bei großer Auswahl und wenig Orientierungshilfen kann es schnell zum sogenannten Information Overload kommen, d.h. die Masse an Produkten und Informationen führt zu einer gewissen Unsicherheit bei den Nutzern. Und Unsicherheit führt dazu, dass Kaufentscheidungen verzögert oder überhaupt nicht getroffen werden.

Personalisierung könnte hier Abhilfe schaffen. Dabei könnten Online-Parfümerien basierend auf Fragen an die Nutzer eine Vorauswahl an Produkten vornehmen (z. B. auch durch einen manuellen Filter der Produkte mit der Aufschrift „Passt zu mir“) oder Produktvorschläge machen (z. B. auf der Website oder auch in personalisierten Newslettern). Passende Fragen könnten hier z. B. sein: Welche Marken bevorzugt der Nutzer? Welchen Hautton und welche Haarfarbe hat der Nutzer? Welche Parfüms mag der Nutzer?

Weiter gedacht könnte auch per Kamera eine Analyse des eigenen Typs gemacht werden und darauf basierend Produkt- und Styling-Vorschläge (auch unter Berücksichtigung aktueller Trends) generiert werden.

Eine stärkere Personalisierung ist eine Möglichkeit, den Nutzer basierend auf seinem Typ und seinen Vorlieben tatsächlich zu inspirieren und passende Produktempfehlungen zu machen.

2. Produktfotos und Videos

Ein Bild von einem freigestellten Lippenstift oder einer Lidschattenpalette sind ein absolutes Muss. Insbesondere dekoratives Make-up sollte auf Produktfotos direkt an Models gezeigt werden. Bilder oder Videos im Kontext sagen hier mehr als tausend Worte: Lippenstift auf Lippen, Nagellack an Nägeln und Lidschatten auf dem Augenlied. Nur auf diese Weise kann sich der Nutzer einen guten Eindruck von einem Beauty-Produkt machen.

Einen Schritt weiter geht z. B. bereits die Beauty-Marke bareMinerals. Auf der Website lassen sich mit Hilfe der eigenen Kamera Lippenstift-Nuancen direkt auf den eigenen Lippen ausprobieren: Zur digitalen bareMinalers-Lippenstift-Anprobe.

3. Anleitungen

Es gibt viele Fragen rund um Beauty-Produkte. Wie schminke ich mir die Augen richtig? Wie massiere ich das Serum richtig in die Haut ein? Wie betone ich die Augenbrauen richtig? Das sind die kleinen Fragen zwischendurch, die ein kompetenter Fachverkäufer spielerisch beantworten kann. In Online-Parfümerien gibt es hier aber aktuell kaum Hilfestellungen zu spezifischen Produkten, sodass man sich parallel z. B. bei Youtube Tutorials ansehen muss. Das ist aufwändig und kostet Zeit. Viel schöner wäre es, wenn Anleitungen in den Produktbeschreibungen integriert wären. Video-Tutorials (gerne auch mit ausgewählten Influencern) sind hier Gold wert und sorgen für zusätzliche Inspiration. Denn wenn man genau weiß, wie man ein Produkt optimal anwendet, ist die Unsicherheit geringer und die Kaufentscheidung fällt leichter.

4. Persönliche Beratung

Wer kennt das nicht? Man hatte den perfekten Lippenstift, doch das Produkt wurde aus dem Sortiment genommen. Nun ist man auf der Suche nach der gleichen Farbe, aber dies erweist sich anhand der Fülle der Produkte und der Produktfotos, auf denen die Farbdarstellung oft ungenau ist, als schwieriges Unterfangen.

Während der Fachverkäufer in der Parfumerie direkt gezielt weiterhilft, sucht man aktuell in Online-Parfümerien vergeblich nach Hilfe. Auch online wäre es schön, wenn man einer Beraterin sein Anliegen erklären könnte und Unterstützung bekommen würde bei der Produktauswahl – ob in einem Live-Chat, per Nachricht oder sogar im Videochat. Die Königsdisziplin wäre es, wenn man immer den selben Ansprechpartner hätte, der die Präferenzen mit der Zeit besser kennen lernt. Alternativ würde es für den oben genannten Fall auch hilfreich sein, wenn man ein Bild der alten Lippenstiftfarbe hochladen könnte und daraufhin Alternativen angezeigt bekäme.

5. Pröbchen

Beauty-Produkte sind Erfahrungsgüter. So würde es ein Wirtschaftswissenschaftler bezeichnen. Das bedeutet, dass man im Vorhinein nicht beurteilen kann, ob einem das Produkt am Ende tatsächlich gefällt, sondern dass man es live erlebt haben muss. So kann man z. B. anhand der Produktbeschreibung eines Parfüms im Internet nicht wissen, ob man dieses tatsächlich mag. Das ist ein großes Dilemma für Online-Parfümerien, da es dadurch für die Kunden eine hohe Unsicherheit gibt.

Eine gute Lösung wäre hier das Angebot von kostengünstigen Pröbchen, Probier-Größen oder Test-Paketen. Auf diese Weise könnten die Nutzer einfach und schnell herausfinden, ob das jeweilige Produkt tatsächlich den eigenen Vorstellungen entspricht.

6. Kundenmeinungen

Zufriedene Kunden machen die beste Werbung und dienen den Nutzern als Orientierung. Kundenmeinungen finden sich bereits unter den meisten Produkten, allerdings könnten diese prominenter platziert werden oder auch z. B. mit Fotos angereichert werden. Zudem könnte es auch einen Indikator dafür geben, wie vielen Kunden ein bestimmter Artikel gefällt oder welche Produkte in einem gewissen Zeitraum besonderes beliebt waren. Für die Nutzer ist es immer interessant zu sehen, was andere Nutzer mögen und kaufen, und es liefert eine zusätzliche Entscheidungshilfe mit sozialer Komponente.

7. Exklusive Clubs & Überraschungen

Die allseits beliebte Kundenkarte mit Treuepunkten und Rabatt-Aktionen ist eine gute Idee, allerdings sorgt diese Art der Kundenbindung nicht automatisch für zufriedene und inspirierte Stammkunden. Exklusive Clubs für Stammkunden mit Überraschungen (z. B. individuelle Pröbchen) oder Abo-Modellen für die Lieblingsprodukte mit Rabatten dagegen bieten einen zusätzlichen Mehrwert für die Nutzer.

Die Zalando-Tochter Zalon beispielsweise bietet eine Online-Stilberatung an. Hier stellen Stylisten auf Grundlage der eigenen Präferenzen ein Outfit zusammen. Neben der Inspiration für neue Outfits erhält der Kunde auf diesem Weg auch einen gewissen Überraschungseffekt. Ein ganz ähnliches Modell ließe sich auch auf Exklusiv-Clubs für Kosmetikprodukte übertragen. Die Nutzer machen Angaben zu ihren persönlichen Vorlieben und bekommen ein Überraschungspaket von ihrem Berater zugeschickt – einmalig oder sogar im Abo-Modell.

8. Bessere Vernetzung von stationären Handel und Online-Shop

Die Lieblingsverkäuferin per Chat erreichen, sich ausgewählte Produkte aus der Parfümerie um die Ecke zusenden lassen oder die eigene Online-Wunschliste vorab an die Parfümerie zur Vorauswahl senden – eine stärkere Vernetzung vom stationären Handel und Online-Shops ist wünschenswert und auch ein Wettbewerbsvorteil von Parfümerien mit lokalen Stores.

Liebe Online-Parfümerien, es gibt noch so viele Möglichkeiten, die User Experience zu optimieren und für mehr Inspiration und Begeisterung auf Nutzerseite zu sorgen. Gerade deshalb bleibt es spannend, die Entwicklungen in diesem Bereich zu beobachten.

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